Wild- und Honigbienen im Fokus: Nahrungskonkurrenz und Schutz in Norddeutschland
Foto: UHH/Nesso
Wenn man von Bienen spricht, denken viele Menschen zunächst einmal an die Honigbiene. Sie ist weltweit als Nutztier bekannt, und der von ihr produzierte Honig ist ein beliebtes Lebensmittel. Honigbienen werden von Menschen in Bienenstöcken gehalten, in denen eine Königin und bis zu 40.000 Arbeiterinnen leben. Die westliche Honigbiene (Apis mellifera) stellt jedoch nur eine einzige Art der knapp 600 hierzulande heimischen Bienenarten dar. Alle anderen Arten werden unter dem Begriff „Wildbiene“ zusammengefasst. Diese Wildbienen leben meist alleine und tragen entscheidend zur Stabilität unseres Ökosystems bei.
Wie viele andere Insekten sind auch Bienen vom weltweiten Insektensterben, also dem Rückgang der Biomasse und/oder der Artenzahl, betroffen. So gelten bereits 48 % der Bienenarten als bestandsgefährdet oder sogar als ausgestorben. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Steigende Temperaturen und Trockenperioden infolge des Klimawandels, der Verlust von Lebensräumen durch die Ausräumung der Landschaft, der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die eingeschränkte Nahrungsverfügbarkeit durch Monokulturen und die zunehmende Flächenversiegelung bedrohen die Wildbienen.
Anders verhält es sich jedoch bei der Honigbiene. Da sie als Nutztier vom Menschen gepflegt wird, ist sie weniger stark von diesen Faktoren betroffen. Zudem erfreut sich die Imkerei als Hobby wachsender Beliebtheit. Seit 2007 hat sich die Zahl der Honigbienenvölker in Deutschland von 670.000 auf etwa eine Million fast verdoppelt. Dieser rasante Anstieg, kombiniert mit immer knapper werdenden Nahrungsressourcen, könnte jedoch zu einem zusätzlichen Problem für Wildbienen werden. Erste Studien zur Nahrungskonkurrenz zwischen Wild- und Honigbienen liegen bereits vor, doch die Ergebnisse sind uneinheitlich und oft nur lokal aussagekräftig. Es fehlt bislang eine systematische räumliche Analyse des Konkurrenzpotenzials in Bezug auf die Nahrungsverfügbarkeit.
Unser Ziel ist es daher, eine solche Analyse für Norddeutschland (Hamburg, Niedersachsen, Bremen, Schleswig-Holstein) durchzuführen. Wir planen, den räumlich verteilten Nahrungsbedarf den verfügbaren Nektar- und Pollenmengen gegenüberzustellen. So möchten wir mögliche regionale Unterschiede und Gebiete mit besonders hohem Konkurrenzpotenzial identifizieren. Die Ergebnisse werden wir in Form interaktiver Karten veröffentlichen, um eine Grundlage für künftige Forschungsprojekte sowie für Maßnahmen zur nachhaltigen Imkerei in Risikogebieten zu schaffen.
Für die Durchführung dieses Projekts benötigen wir zunächst verschiedene Datensätze. Zum einen sind die möglichst genauen Standorte der gehaltenen Honigbienenvölker wichtig. Da das Halten von Bienenvölkern nach §1a der Bienenseuchen-Verordnung meldepflichtig ist, werden wir diese Daten bei den zuständigen Behörden abfragen. Zudem werden wir die Imkerverbände der Länder kontaktieren, um gegebenenfalls noch genauere Informationen zu erhalten. Zum anderen brauchen wir Informationen über die vorhandenen Nahrungsressourcen, also die Pflanzenbestände der Region. Dafür greifen wir auf Kartierungsdaten aus verschiedenen Geoinformationssystemen zurück, etwa dem Biotopkataster Hamburg oder dem Straßenbaumkataster. Schließlich benötigen wir noch Daten zu den beobachteten Wildbienenbeständen, die jedoch nur punktuell aus wissenschaftlichen Studien verfügbar sind.
Da diese Daten alle in unterschiedlichen Formaten vorliegen, müssen wir sie zunächst zusammenführen und bereinigen. Dies werden wir mithilfe der Programmiersprache R und verschiedener Open-Source-Pakete wie dem Paket "terra" umsetzen. Für eine aussagekräftige Analyse ergänzen wir die Daten durch Erkenntnisse aus der Fachliteratur, z. B. über den Pollen- und Nektarbedarf der verschiedenen Bienenarten und das Nahrungsangebot der regionalen Pflanzenarten. Da vermutlich sowohl die Rohdaten als auch die Literaturdaten Lücken aufweisen, werden wir geeignete Fehlerabschätzungen und Interpolationen vornehmen.
Und hier eine kurze Videovorstellung des Projekts:
Studierendenprojekt: Räumliche Untersuchung des Konkurrenzpotentials zwischen Wild- und Honigbienen in Bezug zur Nahrungsverfügbarkeit in Norddeutschland
Projektkurztitel: Beenough
Förderzeitraum: 01.10.2024 – 30.06.2025 (9 Monate)
Studierende: Tobias Bauer; Lucas Nesso
Mentor: Prof. Dr. Jochen Fründ