Klimaschutz ungleich verteilt? Eine räumliche Analyse von Klimaschutz und sozialer Ungleichheit in Hamburg
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Umfragen zum Klimawandel zeigen, dass die Unterstützung von Klimaschutz mit den soziodemografischen Charakteristika einer Person zusammenhängt. Je niedriger das Einkommen und die Bildung sind, desto weniger betrachtet man den Klimawandel als dringliches Problem, beteiligt sich weniger an Klimaschutz und sieht diesen als weniger notwendig an. Wir als Studierendengruppe vermuten, dass hier aber nicht nur individuelle Merkmale an sich und Faktoren wie eine ungerechte Kostenverteilung eine Rolle spielen, sondern auch räumlich ungleich verteilte Klimaschutzprojekte innerhalb einer Stadt. In unserem Projekt rekonstruieren wir daher am Beispiel Hamburgs, wo Klimaschutzprojekte stattfinden und ob die Verteilung systematisch mit der Sozialstruktur der Hamburger Stadtteile zusammenhängt. Unsere Ergebnisse können dazu beitragen, die Hamburger Klimapolitik sozial gerechter zu gestalten und dadurch die Akzeptanz von Klimaschutz zu fördern.
Insgesamt wird der Klimawandel mit großer Mehrheit als deutliche Bedrohung wahrgenommen. In einer Eurobarometer-Umfrage gaben zuletzt 93 % aller Europäer:innen an, dass der Klimawandel ein “sehr ernstes” bis “eher ernstes” Problem für die Welt darstellt [1, S. 23]. Mehr als die Hälfte (58 %) meint, dass der Übergang zu einer grünen Wirtschaft beschleunigt werden sollte [1, S. 23].
Trotz dieser breiten Anerkennung der Gefahr zeigen sich spürbare Unterschiede in Abhängigkeit vom sozioökonomischen Status der Befragten. So fällt auf, dass je höher gebildet und wohlhabender eine Person ist und je höher sie sich selbst sozial einstuft, desto eher wird der Klimawandel von ihr als Hauptproblem klassifiziert, während andersherum vor allem Hunger und Armut sowie die wirtschaftliche Lage als Hauptprobleme identifiziert werden [1, S. 14, 22]. Das gleiche Muster zeigt sich bei privaten Klimaschutzmaßnahmen, wie mehr Recycling, weniger Fleischkonsum und auch bei Einstellungen gegenüber institutionellen Klimaschutzmaßnahmen. Je niedriger der soziale Status, desto weniger wird eigeninitiativ etwas gegen den Klimawandel unternommen und desto geringer ist auch die Akzeptanz und wahrgenommene Notwendigkeit einer Vielzahl von Maßnahmen, insbesondere bei der Energiewende [1].
In unserem Forschungsprojekt adressieren wir diesen Zusammenhang zwischen Klimaschutzprojekten und der Beteiligung, Akzeptanz und der wahrgenommenen Notwendigkeit von Klimaschutz, abhängig vom sozioökonomischen Status. Wir vermuten, dass soziale Unterschiede bei der Unterstützung von Klimaschutz nicht nur durch individuelle Merkmale [5], eine ungleiche Kostenverteilung und der (wahrgenommenen) Belastung verschiedener Akteur:innen [2], sondern auch durch lokale Unterschiede in der Umsetzung von Klimaschutzprojekten innerhalb einer Stadt verstärkt werden können. Unsere Annahme ist, dass sozial schwächer gestellte Menschen auch deshalb Klimaschutz durchschnittlich weniger unterstützen, da sie damit möglicherweise nicht ausreichend in ihrem direkten Umfeld in Berührung kommen. Erste Forschungsergebnisse verweisen dabei auf einen positiven Zusammenhang zwischen der Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen und dem realen Stattfinden dieser vor Ort ebenso wie auf “räumliche Diffusionsprozesse” zwischen angrenzenden Landkreisen [3, S. 20]. Ist weiterhin davon auszugehen, dass die Beteiligung, Akzeptanz und wahrgenommene Notwendigkeit von Klimaschutz auf individueller Ebene vom sozioökonomischen Status einer Person abhängt [1, S. 14, 22], dann kann auch auf Kontextebene gefolgert werden, dass Klimaschutzprojekte vor Ort sozial ungleich verteilt sind, erkennbar daran, dass Menschen mit niedrigem Sozialstatus im Durchschnitt Klimaschutz weniger unterstützen. Das kann vermutlich umso stärker wirken, wenn wie in Hamburg sozial schwache Gebiete geballt vorkommen in mehrheitlich räumlicher Abgrenzung zu Gebieten mit sozial sehr hohem Status [4, S. 18].
Unser Forschungsprojekt zielt darauf ab, zu analysieren, wie sich Klimaschutz zwischen den Hamburger Stadtteilen unterscheidet und ob die Verteilung von Klimaschutzprojekten mit der Sozialstruktur der Stadtteile korreliert. Dazu verfolgen wir folgende Forschungsfragen:
- Wo werden Klimaschutzprojekte in Hamburg durchgeführt?
- Inwiefern unterscheiden sich Klimaschutzprojekte der verschiedenen Akteure (Stadt/Zivilgesellschaft) in ihrer räumlichen Lage?
- Wie hängt die Sozialstruktur eines Stadtteils mit den vor Ort durchgeführten Klimaschutzprojekten zusammen?
- Welche Implikationen ergeben sich aus der (Un-)Gleichverteilung von Klimaschutzprojekten?
Am Ende des Projekts sollen die Ergebnisse in einer interaktiven Karte sichtbar sein. So sollen potentielle Cluster und Unterschiede zwischen Stadtteilen, Akteur:innen und ggf. verschiedensten Arten von Klimaschutzprojekten auf einen Blick dargestellt werden.
Und hier eine kurze Videovorstellung des Projekts:
Literatur:
[1] Europäische Kommission (2023): Climate Change, Special Eurobarometer 538, Report. DOI: 10.2834/653431
[2] Holzmann, Sara und Wolf, Ingo (2023): Klimapolitik und soziale Gerechtigkeit. Wie die deutsche Bevölkerung Zielkonflikte in der Transformation wahrnimmt, Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Gütersloh. DOI:10.11586/2023094
[3] Levi, Sebastian, Wolf, Ingo und Sommer, Stephan (2023): Geographische und zeitliche Unterschiede in der Zustimmung zu Klimaschutzpolitik in Deutschland im Zeitverlauf, Kopernikus-Projekt Ariadne (Hrsg.): Potsdam. DOI: 10.48485/pik.2023.003
[4] Maaß, Fabian und Huang, Zhiyuan (2023): Sozialmonitoring Integrierte Stadtteilentwicklung – Bericht 2023, Freie und Hansestadt Hamburg (Hrsg.): Hamburg.
[5] Droste, Luigi und Wendt, Björn (2021): Who cares? Eine ländervergleichende Analyse klimawandelbezogener Besorgnis in Europa, Soziologie und Nachhaltigkeit, 7(1), 1-42.
Studierendenprojekt: Klimaschutz - ungleich verteilt? Eine räumliche Analyse von Klimaschutzprojekten und sozialer Ungleichheit in Hamburg
Projektkurztitel: Klimaschutz
Förderzeitraum: 01.10.2024 – 30.09.2025 (12 Monate)
Studierende: Timon Kollhoff; Moritz Rosenboom; Jasmin Baghiana
Mentorin: Jessica Haak